DER MEDIZINER
„Der Technologiepark ist für unsere Zukunft ausgesprochen wichtig. Mit einer Finanzierung von gegenwärtig 22 Millionen Euro haben wir unsere „Inkubator-Phase“ im Universitätsklinikum verlassen und für die anstehende Wachstumsphase im Technologiepark neue Räumlichkeiten gefunden. Alle Akteure haben hier mit Erfahrung und Lernbereitschaft gut zusammengespielt. Im Technologieparkt haben wir ausreichend Platz, um unser Unternehmen weiterzuentwickeln und zu internationalisieren.“
Prof. Dr. med. Patrick Most
Leiter der Sektion Molekulare und Translationale Kardiologie
am Uniklinikum Heidelberg
Über Prof. Dr. med. Patrick Most
Prof. Dr. med. Patrick Most ist Leiter der Sektion Molekulare und Translationale Kardiologie in der Abteilung für Kardiologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Mit seinem jüngsten akademischen Spin-off und Biotechnologieunternehmen AaviGen widmet er sich der Entwicklung von Gentherapien für kardiovaskuläre (das Herz und das Gefäßsystem betreffende) und kardiopulmonale (das Herz und die Lunge betreffende) Erkrankungen.
Ein Interview mit Herrn Prof. Dr. med. Patrick Most.
Wie wurden Sie Professor?
Nach meinem DFG Ausbildungsstipendium nahm ich 2006 das Angebot einer tenure-track-Professur am Medical College der Thomas Jefferson University in Philadelphia an. 2010 wurde ich nach Heidelberg auf eine Professur für Molekulare und Translationale Kardiologie an der Abteilung für Kardiologie berufen, die damals von Prof. Hugo Katus geleitet wurde. Seither bin ich am Klinikum mit dem Schwerpunkt Gentherapie für Herzmuskelerkrankungen und ihre klinische Translation tätig.
Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Die medizinische Forschung ist für mich auch Verpflichtung, anwendbare Ergebnisse zum Patienten zu bringen – als verbesserte Diagnostik oder als verbesserte Therapie. Ich glaube, dass die Gesellschaft dies aufgrund der umfassenden öffentlichen Fördermittel erwarten darf. Wir selbst entwickeln in der Gentherapie aus der Grundlagenforschung neue Therapien für Herzmuskelerkrankungen.
Wie bewerkstelligen Sie selbst diese Translation?
Wir haben über mehrere Jahre die gesamte Schiene von der Grundlagenforschung bis zu den biotechnologischen Ausgründungen aufgebaut. Das klingt in der Theorie logisch, in der Praxis ist es leichter gesagt als getan. Es ist zunächst notwendig, ein neues therapeutisches oder diagnostisches Prinzip so zu erhärten, dass im besten Fall ein proof-of-concept in klinischer Skalierung und Anwendbarkeit vorliegt. Da wir hier über hochinnovative Entwicklungen mit hohem Wirkpotenzial, aber auch hohem Ausfallrisiko sprechen, werden risikoavers denkende Pharmaunternehmen nicht sofort aufspringen. Hier kommt oftmals nur eine Ausgründung als Lösung in Frage.
Worin bestehen die weiteren Herausforderungen?
Für eine Gründung muss man sich aus der akademischen Komfortzone heraus in die Welt der Wirtschaft bewegen. Dort herrschen ganz eigene Gesetzmäßigkeiten: Als Gründer muss man erfahrene Investor:innen nicht nur vom eigenen Vorhaben überzeugen, sondern auch davon, dass man mit einem kompetenten Team ein Wirtschaftsunternehmen leiten kann, um die anvertrauten Investitionen mit kalkulierbarem Risiko einzusetzen.
Dafür sind wir Mediziner zunächst nicht ausgebildet. Aber man kann sich betriebswirtschaftliches, juristisches und kommunikatives Wissen aneignen bzw. diese Expertise in Form eines kompetenten Teams einbringen. Ein Start-up erfordert die Annahme neuer Rollen. Deshalb sollte man eine große Offenheit und Lernbereitschaft mitbringen. Ich selbst habe in den letzten Jahren die Rolle eines Unternehmensgründers eingenommen.
Welchen Stellenwert haben Ausgründungen in Deutschland?
Ausgründungen haben hier bereits einen hohen Stellenwert. Im Bereich der biopharmazeutischen Entwicklungen sind es gerade innovationsstarke, kleine Unternehmen, die neue Technologien und Lösungen für Erkrankungen in den Markt bringen. Oftmals besteht der letzte Schritt zum Patienten dann in einer strategischen Partnerschaft mit einem global agierenden Pharmaunternehmen oder in einem Aufkauf, da die operativen Erfordernisse für den Zugang zum Gesundheitsmarkt enorm sind.
Die in Deutschland zweifellos vorhandenen Potenziale werden aber bisher nicht immer ausgeschöpft. Wie bereits angedeutet, ist ein Gründungsvorhaben ein iterativer Prozess mit vielen Schritten. Da gibt es viel Spielraum für Verbesserungen und Lernprozesse. Wir benötigen ein Umfeld, das Scheitern als „Vorstufe zum Erfolg“ versteht und nicht vor Rückschlägen zurückschreckt.
Was schätzen Sie am Standort Heidelberg?
In Heidelberg gibt es eine unglaubliche Dichte an hochqualitativen universitären, außeruniversitären und klinischen Einrichtungen. Hier existiert ein großes Spektrum an Kooperationsmöglichkeiten in der Forschung und im medizinischen Bereich, das Taktgeber und Ausgangspunkt für Innovation über Ausgründungen sein kann. Auch das Verständnis, dass man gemeinsam mehr erreichen kann, ist in Heidelberg stark ausgeprägt. Wir haben an vielen Stellen, gerade auch vonseiten des Rektorats eine außergewöhnliche Unterstützung gefunden. Und wir haben mit Dietmar Hopp einen Investor, der mit seiner Erfahrung und Weitblick das Potenzial unserer Neuentwicklungen erkannt hat und uns mit Risikokapital half, den Weg zum Patienten zu ebnen. Das müssen wir am Standort skalieren.
Inwiefern kooperieren Sie mit dem Technologiepark Heidelberg?
Der Technologiepark ist für unsere Zukunft ausgesprochen wichtig. Mit einer Finanzierung von gegenwärtig 22 Millionen Euro haben wir unsere „Inkubator-Phase“ im Universitätsklinikum verlassen und für die anstehende Wachstumsphase im Technologiepark neue Räumlichkeiten gefunden. Alle Akteure haben hier mit Erfahrung und Lernbereitschaft gut zusammengespielt. Im Technologieparkt haben wir ausreichend Platz, um unser Unternehmen weiterzuentwickeln und zu internationalisieren.
Wie beurteilen Sie die Flächensituation in Heidelberg?
Die Flächen in Heidelberg – insbesondere die neu entstandenen – sind leider oftmals noch sehr teuer. Zumindest war das unsere Erfahrung. Als junges Start-up müssen wir uns sehr genau überlegen, wie wir unsere Mittel einsetzten. Es wäre sicherlich gut, wenn im Technologiepark in unmittelbarer Nähe zum Klinikum mehr Flächen entstünden, die für biotechnologische Start-ups flexibler eingesetzt werden könnten. Das wäre ein weiterer Baustein für eine vibrierende Heidelberger Start-up-Szene.
Wo sehen Sie die Zukunft Heidelbergs?
Meine Vision wäre eine Art Biotech-Valley, in dem Heidelberg seine Innovationsstärke in der biomedizinischen Forschung über Ausgründungen voll ausspielt und noch mehr Investor:innen anzieht. Dazu müssen die Rahmenbedingen vor Ort und im Land aber noch verbessert werden. Das Verständnis der Akteure ist da. Wir müssen aber die notwendigen mutigen Entscheidungen treffen. Es geht nicht nur um den Standort, sondern auch um das Wohl unserer Patienten. Als Arzt ist das mein zentraler Antrieb, sonst würde ich mich nicht den Herausforderungen eines Start-ups stellen.
von Dr. Stefan Burkhardt
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