Mit Carsten Rother vom Heidelberg Collaborative Imaging (HCI) und Jürgen Quittek von NEC Laboratories Europe (NEC) startete am Mittwoch, 27. März ein neues Veranstaltungsformat: die Zukunfts Bar. Rund 60 Gäste füllten das Konferenzzentrum des Technologiepark Heidelberg bis auf den letzten Platz. Gemeinsam mit Experten diskutierten sie das Thema Technologietransfer im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI).
Forschung ist überall in Heidelberg präsent. Die Forschungseinrichtung der Uni, aber auch privater Unternehmen prägen das Stadtbild. Doch wie kommen Forschungsergebnisse zur Anwendung? Seit 35 Jahren verschreibt sich der Technologiepark Heidelberg der Förderung des Technologietransfers in Heidelberg und der gesamten Rhein-Neckar-Region. Wissenschaftliche Errungenschaften und Innovationen in die Gesellschaft zu tragen ist ein langfristiger Prozess, der oft viele Jahre dauert. Die Zukunfts Bar zeigt Schnittstellen auf und fördert den Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
Ziel der Zukunftsbar ist nicht nur, den aktuellen Stand der Forschung darzustellen, sondern auch Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft miteinander ins Gespräch zu bringen. „Unbestritten profitieren von einem Technologietransfer beide Seiten – die Forschungsergebnisse werden bestenfalls bestätigt und angewandt, die Unternehmen bringen die Produkte auf den Markt und erwirtschaften so die Grundlagen öffentlicher Forschungsgelder. Ein perfekter Kreislauf der Wertschöpfung“, erläutert André Domin, Geschäftsführer des Technologieparks Heidelberg und Moderator der Zukunfts Bar.
Der Geschäftsführer des NEC, Jürgen Quittek und der Leiter des Visual Learning Lab Heidelberg, Carsten Rother gaben Einblick in den Forschungsstand der KI. Der Computer lernt etwa Bilder auszuwerten, er soll selbstständig verstehen, welche Inhalte zu sehen sind. Das geht durch sogenanntes Maschinelles Lernen. Ab einem gewissen Punkt programmiert sich das System also selbst und folgt dabei nicht unbedingt einer menschlichen Logik. Dementsprechend ist es schwierig, Entscheidungen und Rechenprozesse des Computers nachzuvollziehen. Eine Lösung zu diesem Problem würde den Technologietransfer beschleunigen erklärt Rother: „Wenn man ein System erklären kann, ist es immer einfacher dieses dann auch an Nutzer weiterzugeben – und daran arbeiten wir zurzeit.“
Aus Sicht der Industrie liegt die größte Hürde für einen gelungenen Technologietransfer im Bereich KI im Mangel an qualifiziertem Personal: „Es gibt wenige technisch versierte Ingenieure, die sich mit KI auskennen und die Problematik verstehen,“ erläutert Quittek. Auch Rother ist mit dieser Herausforderung konfrontiert: „KI ist ein sehr spezieller Bereich mit unglaublich großer Nachfrage, aber nur geringem Angebot an personellen Ressourcen.“ Dank neuer Studiengänge wie Angewandte Informatik an der Universität Heidelberg hoffen beide Forscher, dass sich die Entwicklung in den kommenden Jahren beschleunigen wird. Heidelbergs großes Potential – besonders für KI im Gesundheitsbereich - machten beide Forscher deutlich.
Die Diskussion mit dem Publikum drehte sich um den Umgang mit Daten im Internet und den Wirtschaftsstandort Heidelberg. Für NEC fasst Quittek zusammen: „Technologietransfer findet bei uns auf vielen Ebenen statt: Zum Beispiel gibt es Ausgründungen, die sich mit einem ganz konkreten Forschungsvorhaben selbstständig machen. Oder nehmen Sie die Medizintechnik, da bringen wir künstliche Intelligenz in ein vollkommen anderes Gebiet ein“, sagt Quittek. Rother ergänzt, dass Technologietransfer auch zwischen Forschungsbereichen stattfindet. Derzeit forscht er mit Astrophysikern nach der Ursache für Wolkenbildung.
Das HCI forscht parallel an Grundlagen der Bilderkennung und industrie-relevanten Themen. „Wir erhalten wichtige Impulse aus der Industrie und diese erhält wiederum Lösungen für ihre Probleme – und gut ausgebildetes Personal.“, erklärt Rother das Zusammenspiel von Forschung und Wirtschaft.
Prof. Dr. Carsten Rother studierte Informatik in Karlsruhe und Stockholm. Von 2003-2013 war er als Forscher bei Microsoft in Cambridge (Computer Vision Group) tätig, bevor er von 2014-2017 eine Professur an der TU Dresden annahm. Seit 2017 leitet er das HCI. Dabei sind und waren seine Forschungsschwerpunkte Computer Vision und Machine Learning. Derzeit ist Herr Rother in Ausgründungen involviert.
Dr. Jürgen Quittek studierte Elektrotechnik an der RWTH Aachen, Promotion an der TU Hamburg-Harburg. Nach seiner Promotion war er in Berkeley tätig. Seit 1997 ist er bei NEC Europe angestellt und seit 2016 leitet er das Forschungslabor mit einhundert Mitarbeitern. Seine Forschungsschwerpunkt liegen im Bereich künstlicher Neuronaler Netze. Besonderen Fokus legt er dabei auf die Telekommunikation, wobei Netzmanagement, Datensicherheit, energieeffiziente Kommunikation und Mobilfunk im Mittelpunkt stehen. Den Forschungsbereich zur Künstlichen Intelligenz hat Quittek mitaufgebaut.